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Folter in Gottes Namen

Pvon Matthias Seng

In keinem anderen europäischen Land wütete die Inquisition so wie in Spanien. Tomás de Torquemada, Großinquisitor von Königin Isabellas Gnaden, war beauftragt, die Reinheit des katholischen Glaubens wiederherzustellen. Dem katholischen Wahn fielen Tausende Unschuldiger zum Opfer.

Er war mehr als nur ein Schreibtischtäter: Großinquisitor Tomás de Torquemada

Übersicht:

Das heilige Offizium, 1542 von Papst Paul II. als oberste Aufsichtsbehörde für alle Glaubensgerichte errichtet, war als Kongregation für die römische und weltweite Inquisition (lat. Untersuchung) dazu ausersehen, Reinheit und Einheit des katholischen Glaubens zu bewahren.

In den einzelnen europäischen Ländern gingen die Inquisitionsgerichte mit unterschiedlicher Härte und Grausamkeit gegen Häretiker (Abweichler vom rechten Glauben) vor. Während in Italien etwa nur wenige Todesurteile ausgesprochen wurden und auch im restlichen Europa eher behutsam mit der Höchststrafe (dem Flammentod auf dem Scheiterhaufen) umgegangen wurde, geriet die spanische Inquisition in die Hände eines religiösen Fanatikers und unerbittlichen Gotteskriegers.

Tomás de Torquemada, geboren im Jahr 1420 in Valladolid, war Dominikanermönch und Theologe. Seinen ersten Karrieresprung schaffte er, als ihn die "Katholischen Könige" Isabella I. und Ferdinand II. zu ihrem Beichtvater machten.

 In unmittelbarer Nähe der königlichen Macht konnte er mit seinem ideologischen Dogmatismus großen Einfluss auf das spanische Monarchenehepaar ausüben. Sowohl Isabella als auch Ferdinand erwiesen sich nicht nur als treue Diener der katholischen Kirche, sondern verbanden ihre religiöse Intoleranz mit dem großen spanischen Projekt dieser Zeit, der Reconquista, der Rückeroberung des Landes von den Mauren.

Das Ende der maurischen Vorherrschaft

Isabella I., die Katholische (1451-1504), Königin von Spanien (1474-1504)(? 1504) und Förderin Torquemadas

Darunter verstand man die Rückeroberung der ab 711 von den Mauren besetzten Iberischen Halbinsel. Die Reconquista begann schon im achten Jahrhundert, als die muslimischen Eroberer sich noch auf dem Höhepunkt ihrer Macht befanden. Von Asturien ausgehend, konnten die christlichen Heere aber erst ab dem 10. Jahrhundert größere militärische Erfolge für sich verbuchen.

Die Reconquista war ein Prozess, der sich über Jahrhunderte hinzog, und zu Zeiten von Torquemadas Geburt noch nicht abgeschlossen war. Es sollte noch bis ins Jahr 1492 dauern, bis die christlichen Könige mit der Eroberung des Königreichs Granada, der letzten maurischen Bastion, ihre Macht über ganz Spanien ausgedehnt haben sollten.

Als Torquemada im Jahr 1484 von Königin Isabella zum Großinquisitor und Leiter der spanischen Inquisition ernannt wurde, wurde der Kampf noch an zwei Fronten ausgefochten. Die Radikalität des Vorgehens der spanischen Inquisition erklärte sich zum Teil auch aus dieser Tatsache.

Nach Überzeugung der Monarchie und der katholischen Kirche galt es, innerhalb des spanischen Christentums gegen Abweichler vorzugehen, aber auch den Kampf nach außen gegen die Mauren, gegen spanische Muslime und spanische Juden zu forcieren.

In ihrem Vorgehen zeichneten sich Monarchie und Kirche durch einen ausufernden Fanatismus und extreme Intoleranz aus. Damit befanden sie sich in schroffem Gegensatz zur maurischen Politik, die meistens einer pragmatischeren Linie folgte und Christen und Juden die Möglichkeit der freien Religionsausübung ermöglichte.

Die Blüte, die Wissenschaft und Kunst während der muslimischen Herrschaft in Spanien erlebte, ist zu einem nicht geringen Teil auf das Klima der Toleranz zurückzuführen, das in den von Mauren kontrollierten Gebieten herrschte.

Blinder Glaubenseifer statt Toleranz

Ferdinand II, der Katholische (1452 - 1516), König von Aragonien, Kastilien und León und Mann von Isabella I.

Interaktiv

Mit dem Siegeszug des Katholizismus spanischer Ausprägung änderte sich das. Mit blindem Glaubenseifer und brutalen Maßnahmen gingen Isabelle und Ferdinand daran, die Stellung und Macht ihres Glaubens und der Krone zu festigen. Neben dem katholischen Christentum sollte keine andere Religion in Spanien bestehen bleiben.

Torquemada war zur Durchsetzung dieser Ideologie ein geeignetes Instrument. Mit Duldung, ja Förderung durch die Königin ging der Großinquisitor gegen jeden vor, der im Verdacht stand, ein Abtrünniger oder Glaubensfeind zu sein. Im Lauf der Jahre gelang es ihm, die Inquisition mit immer größeren Vollmachten auszustatten. Zudem war sie ein willkommenes Instrument, um gegen die so genannten Conversos vorzugehen – Juden, die zwangsweise zum Christentum übergetreten waren.

Diese Conversos erregten aber immer noch das Misstrauen der katholischen Kirche. Man warf ihnen vor, heimlich ihren Glauben weiter zu praktizieren, was nur auf eine Minderheit zutraf. Die Inquisition wurde in diesen Fällen schnell aktiv: Wenn sich ein Converso etwa weigerte Schweinefleisch zu essen oder wenn Denunzianten den beliebten Vorwurf der Hostienschändung vorbrachten. Insgesamt war es in Spanien in dieser Zeit ziemlich einfach, Juden in Lebensgefahr zu bringen.

Große Teile der christlichen Bevölkerung waren antisemitisch eingestellt und Pogrome gegen die Juden hatten in Spanien eine lange Tradition. Juden hatten einflussreiche Posten in der Verwaltung und in der Wirtschaft des Landes besetzt und dadurch den Neid ihrer christlichen Mitbürger hervorgerufen, der sich immer wieder in Pogromen gegen sie Bahn brach.

Die Kirche nutzte die Inquisition auch, um den Gewaltorgien gegen die Juden einen legalen Anstrich zu geben und in geordnete Bahnen zu lenken. Das gelang aber nur teilweise, auch deshalb, weil der Großinquisitor selber keine Gnade kannte, wenn es um Glaubensfragen ging.

Der gnadenlose Großinquisitor

Torquemada war kein Schreibtischtäter, der das schmutzige Foltergeschäft seinen Untergebenen überließ, sondern ging eigenhändig daran, Ketzer ausfindig zu machen und sie ihrer Bestrafung zuzuführen. Er durchzog auf der Jagd nach Ketzern mit pompösem Gefolge das Land, eskortiert von mehreren hundert Bewaffneten, deren kriegerisches Auftreten jeglichen Widerstandswillen schon im Keim ersticken sollte.

Das Vorgehen Torquemadas folgte dem immer gleichen Muster. Um die Einheitlichkeit des Verfahrens zu gewährleisten, hatte der Großinquisitor ein Statut erlassen, in dem genau aufgelistet war, wie man den Kampf gegen die Ketzerei zu führen hatte. Ein wesentliches Merkmal dieses Statuts war die Aufforderung zur anonymen Denunziation, wodurch der Willkür Tür und Tor geöffnet waren und massenhaft Menschen in die Mühlen der Inquisition gerieten.

Natürlich musste auch Torquemada wissen, dass von manchen Zeitgenossen ein Nachbarschaftsstreit gelöst wurde, indem einer der beiden Streithähne den anderen denunzierte. Deshalb versuchte er, mit einer Mischung aus Drohungen und Versprechungen die vermeintliche Spreu vom Weizen zu trennen. Ein Versprechen etwa bestand darin, dass man von Strafe verschont bleiben konnte, wenn man sich schuldig bekannte.

Die Drohung bestand darin, dass man sich nur auf Kosten Dritter freikaufen konnte: indem man nämlich weitere vermeintliche Ketzer benannte. Diese Auswege standen den Beschuldigten immer offen, ganz gleich, ob sie sich noch im Stadium des Verhörs befanden oder schon auf der Streckbank lagen.

Durch Folter zum Geständnis

Unter der Folter kam jedes gewünschte Geständnis zustande.

Die Inquisition hatte nichts von einem rechtsstaatlichen Verfahren an sich. Die Ankläger mussten nicht die Schuld des Angeklagten beweisen, sondern dieser seine Unschuld. Da dies faktisch gar nicht möglich war, lief das ganze Verfahren darauf hinaus, den Beschuldigten ein Geständnis zu entlocken beziehungsweise abzupressen. Zu diesem Zweck wurden neben psychischem Druck auch die physische Folter angewendet.

In seiner Zeit als Großinquisitor war Torquemada für schätzungsweise 3.000 Todesurteile verantwortlich. Den Opfern wurde aber nicht nur das Leben genommen, sondern auch, so vorhanden, ihr Vermögen. Alles von Wert wurde beschlagnahmt und zwischen Kirche und Staat aufgeteilt. Inquisitionsbeamte erstellten Inventarlisten des "Ketzer-Haushalts", in denen sämtliche Gegenstände aufgelistet waren.

Um ihr verbrecherisches Vorgehen gegen die Conversos zu rechtfertigen, beriefen sich die Staat und Kirche auf deren Abstammung und auf ihr "unsauberes Blut", das die Beschuldigten von vornherein verdächtig machte. Dabei handelte es sich um nichts anderes als um einen katholischen Vorgänger es nazistischen Rassenwahns. Wenn sie Glück hatten, konnten sich die Verdächtigten durch große Geldsummen eine Zeitlang freikaufen.

Vielen getauften Juden oder deren Nachfahren wurde so ihr Wohlstand zum Verhängnis. Die Inquisition und die spanische Krone aber hatten so gleich doppelten Vorteil von ihrer Terrorpolitik: Sie löschten sämtliche nicht-katholische Glaubensbekenntnisse auf spanischem Boden aus und füllten dazu noch die staatlichen Kassen.

Torquemada blieb bis an sein Lebensende im Jahr 1498 ein überzeugter und fanatischer Verfolger der Ketzer in seinem Land. Er starb in dem von ihm selbst gegründeten Kloster von Ávila. Dort führte er übrigens selber noch das führte das Prinzip der "Reinheit des Blutes" (limpieza de sangre) in die Klostersatzung ein.